folgende Frage bekomme ich oft gestellt: “Sollte ich nur Optionen auf Basiswerte verkaufen, die eine hohe implizite Volatilität aufweisen?”
Im Hintergrund dieser Frage steht der Zusammenhang zwischen der impliziten Volatilität einer Aktie oder eines ETFs und der Höhe der vereinnahmten Prämie, wenn beispielsweise ein Short Put eingegangen wird. Grundsätzlich gilt: je höher die implizite Volatilität, desto höher die Options-Prämie und desto (scheinbar) attraktiver der Trade für den Stillhalter.
Wenn das schon zu viel Fachjargon für Sie war, dann verweise ich auf meine Youtube-Playlist zum Thema Volatilität, in der mein Kollege Thomas Mangold und ich verschiedene Aspekte dieser wichtigen Materie beleuchten.
In einer vorherigen E-Mail habe ich Ihnen übrigens bereits den Link zu den gängigsten Fachbegriffen im Optionshandel zugeschickt.
Zurück zu der gestellten Frage, die man nicht pauschal mit „ja“ oder „nein“ antworten. Sicherlich gibt es Trader, die erfolgreich sind, indem sie nur Optionen auf hochvolatile Werte verkaufen.
Basiswerte mit „chronisch“ niedrigen impliziten Volatilitäten (typischerweise unter 20%) sind für den Verkauf von Optionen oft unattraktiv. Um damit eine attraktive Options-Prämie zu vereinnahmen, die eine jährliche Rendite im zweistelligen Bereich abwirft, müssten wir Basispreise wählen, die sehr nah am Geld liegen. Das Sicherheitspolster ist dann gering. Zwar schwanken solche Basiswerte weniger als andere und gelten dadurch als „sicherer“, ein Kursrutsch von rund 10% binnen 6 Wochen ist jedoch auch bei solchen Titeln nicht ausgeschlossen.
Umgekehrt sind Basiswerte mit einer hohen impliziten Volatilität, sei es vorübergehend aufgrund bestimmter Situationen (z.B. bevorstehende Quartalszahlen) oder praktisch dauerhaft, weil sie hochspekulativ sind (Gamestop, Tesla…), mit Vorsicht zu genießen.
Bedenken Sie, dass es immer einen Grund gibt, warum eine Aktie eine hohe implizite Volatilität aufweist. Manchmal ist dieser Grund bekannt: Quartalsergebnisse stehen an, ein massiver Abwärtstrend beschleunigt sich, die Ergebnisse von Test-Phasen eines Medikaments bei einem Pharmaunternehmen werden demnächst veröffentlicht usw.
Manchmal ist jedoch dieser Grund nicht bekannt. Man entdeckt eine Aktie mit einer interessanten hohen impliziten Volatilität, freut sich über die Optionsprämien, die man vereinnahmen kann und plötzlich tritt ein unerwartetes Ereignis ein (Rückruf von Produkten, Skandal im Vorstand o.ä.), welches die Aktie auf Talfahrt schickt. Oder ein Übernahme-Angebot katapultiert den Aktienkurs in die Höhe und der Short Call, der so attraktiv aussah, wird plötzlich zum Verhängnis.
Fazit: Ein Blick auf die implizite Volatilität lohnt sich und diese kann in die Entscheidungsfindung einfließen, sie ist jedoch m.M.n. für den Handel nicht so ausschlaggebend wie z.B. die charttechnische Lage und die Fundamentalanalyse des zugrundeliegenden Basiswerts.